30. Mai 2025: „Die Wuxia-Renaissance: Hero“

Nachdem der Wuxia-Film in den 1980ern- und frühen 1990ern durch das New Wave Cinema Hongkongs eine neue Dynamik und eine furios-bewegte Ästhetik verliehen bekam, ebbte die Welle zur Mitte des letzten Vormillennium-Jahrzehnts wieder ab. Für eine Weile lag das Genre brach und war von den Leinwänden größtenteils verschwunden. Das sollte sich erst Anfang der 2000er-Jahre ändern, als sich der Wuxia-Film mit Fanfaren zurückmeldete: Im Jahr 2000 eroberte Ang Lees Meisterwerk „Crouching Tiger, Hidden Dragon“ weltweit die Kinosäle. Der multinational durch Taiwan, Hongkong, China und die USA finanzierte, starbesetzte Film wurde zu einem veritablen Überraschungserfolg, der die Welt im Sturm eroberte. Mehr noch: Das auf Wang Dulus fünfteiligem Roman-Zyklus „Kranich und Eisen“ basierende und inszenatorisch stark an King Hu angelehnten Wuxia-Drama wurde zum bis dato finanziell erfolgreichsten ausländisch-produzierten Film in den USA und spielte weltweit über 200 Millionen US-Dollar ein. Publikum und Kritiker zeigten sich beiderseits begeistert, und um den Erfolg perfekt zu machen wurde der Film 2001 bei den 73. Academy Awards für 10 Oscars nominiert, von denen er 4 gewann – darunter die Auszeichnung als bester fremdsprachiger Film. Bis heute zählt er zu den besten Wuxia-Filmen überhaupt und wird von manchen gar als einer der besten Filme des 21. Jahrhunderts angesehen. Die Wuxia-Renaissance war angebrochen.

 

Diese Renaissance schwappte 2002 schließlich auch nach China hinüber, wo das Genre fast jahrzehntelang praktisch keine Rolle mehr gespielte hatte. Bedingt durch die Öffnung des Landes und der marktorientierten Ausrichtung der Volksrepublik unter Deng Xiaoping waren bereits in den 90ern private Filmproduktionsfirmen und große Studiokomplexe entstanden, die den Weg für den chinesischen Blockbuster-Film bahnten. Und nach dem Erfolg von „Crouching Tiger, Hidden Dragon“ sollte es erneut ein Wuxia-Film sein, der die Blockbuster-Phase des chinesischen Kinos einleitete: Zhang Yimous „Hero“ war von vorneherein als cineastisches Großereignis angelegt, dass vom Aufwand her ganz dem Blockbuster-Vorbild Hollywoods nachempfunden war. Die Besetzung wartete mit großer Prominenz des chinesischen und des Hongkonger Kinos auf – darunter sowohl renommierte Stars des Martial-Arts-Films, etablierte Charakterdarsteller des Arthaus-Kinos, als auch aufstrebende Jungdarsteller. Unter großem Aufwand wurde der Film an Originaldrehorten über ganz China verteilt realisiert. Zudem begleitete ihn eine aufsehenerregende Marketingkampagne, die keine Gelegenheit versäumte, das Projekt als pan-chinesische Großunternehmung zu hervorzuheben. „Hero“ kann ohne Übertreibung als Meilenstein der chinesischen Kinolandschaft bezeichnet werden, der ein neues Zeitalter nicht nur des Wuxia-Films, sondern des chinesischen Films insgesamt einläutete. Obzwar er nicht an den internationalen Erfolg von „Crouching Tiger, Hidden Dragon“ anknüpfen konnte – trotz Nominierung als bester fremdsprachiger Film ging er bei den 75. Academy Awards 2003 leer aus – brach er alle Kassenrekorde in China und konnte sich sogar in den USA zum ersten chinesischen Film an die Spitze des Box Offices setzen. Die Kritiker hingegen zeigten sich zwiegespalten: Einerseits lobten sie die bildgewaltige, atemberaubende Inszenierung von Zhang Yimou, andererseits zeigten sie sich skeptisch gegenüber der vermeintlich obrigkeitshörigen, autoritäre Herrschaftsverhältnisse beschönigenden politischen Ausrichtung der Geschichte.

 

„Hero“ bildet den Abschluss unserer Wuxia-Filmreihe. Mit seiner opulenten Farbdramaturgie, der verschachtelten Erzählstruktur und den kunstvoll choreografierten Kampfszenen ist „Hero“ weit mehr als ein Actionfilm: Er hinterfragt traditionelle Werte von Loyalität, Selbstaufopferung, individueller Moral und staatlicher Ordnung im Spannungsfeld zwischen Mythos, Geschichte und politischer Realität. Die Einführung beleuchtet die filmische Raffinesse von Zhang Yimou, die philosophischen Deutungen von „Hero“ und die Rolle des Films als Brücke zwischen der chinesischen Tradition und dem globalen Kino, gibt darüber hinaus einen Einblick in die politischen und ästhetischen Lesarten von „Hero“, seine Stellung im globalen Kino, in der Entwicklung des Wuxia-Kinos, der Rückbesinnung auf die chinesische Erzähltradition im frühen 21. Jahrhundert, sowie den selbst ausgestellten Exotismus.

 

Fr, 30. Mai, 18 Uhr

Film: „Die Wuxia-Renaissance: Hero“

(Regie: Zhang Yimou, 2002, 105 Min., Mandarin mit deutschen Untertiteln)

 

Konzept und Moderation: Jan Bantel
Konfuzius-Institut Bonn e.V.
Giergasse 2
53113 Bonn

 

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