28 Okt 28.10.2024
„Durch Raum und Zeit“ Chinesische Science-Fiction im Digital Hub
Am 28. Oktober 2024 ging es im Digital Hub der Universität Bonn um verschiedene Perspektiven auf chinesische Science-Fiction. In ihrem Eröffnungsvortrag zum Thema „Durch Raum und Zeit: Reflexionen sozialer Ungleichheiten in der gegenwärtigen chinesischen Science-Fiction-Literatur“ analysierte Dr. Frederike Schneider-Vielsäcker die Werke von Baoshu 宝树 und anderen wichtigen Autor:innen, die in den 1980er-Jahren geboren sind. Sie warf dabei einen bisher unbekannten Blick auf die Ästhetik, Poetik und subversiven Qualitäten chinesischer Science-Fiction, welche die gelebten Realitäten einer Generation von Einzelkindern im urbanen China des 21. Jahrhunderts zutage bringt. Zwar scheinen die Welten und Galaxien, die Baoshu erfindet, sehr fern von unserer Lebensrealität, doch in seinen Romanen stellen sich die drängenden Fragen unserer Zeit. In einem anschließenden Gespräch diskutierten Dr. Marc Hermann (Universität Bonn), Dr. Frederike Schneider-Vielsäcker und Baoshu, wie „chinesisch“ die Science-Fiction-Literatur aus China ist, ob sie eher utopische oder dystopische Zukünfte zeichnen würde und ob es feministische Elemente darin gibt. Höhepunkt der Veranstaltung war die feierliche Preisverleihung des diesjährigen deutsch-chinesischen Übersetzungswettbewerbs auf Grundlage der Kurzgeschichte „Zerfließende Zeit“ (Liunian 流年) von Baoshu. Die Gewinner:innen Malte Fiebig (1. Platz), Sarah Ozolnieks (2. Platz) und Julia Karst (3. Platz) waren anwesend, um ihre Preise entgegen zu nehmen. Linda Förster, die ebenfalls mit einem geteilten 3. Platz ausgezeichnet wurde, konnte leider nicht persönlich bei der Zeremonie sein.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer:
Dr. Frederike Schneider-Vielsäcker, geb. 1986, ist Sinologin und promovierte an der Freien Universität Berlin zu den sozialpolitischen Diskursen in der chinesischen Science-Fiction-Literatur. Als Postdoc lehrte und forschte sie mit den Schwerpunkten Literatur, Gesellschaft, Gender und queere chinesische Kultur an der Universität Heidelberg. Ihre gender-orientierte Erforschung der chinesischen Science-Fiction-Literatur gilt als wegweisend in der Chinawissenschaft.
Dr. Marc Hermann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Abteilung für Sinologie der Universität Bonn und gehört zu den aktivsten Übersetzern chinesischer Literatur in Deutschland. In den letzten Jahren hat er schwerpunktmäßig chinesische Science-Fiction – von LIU Cixin bis CHEN Qiufan und HAO Jingfang – übersetzt.
Baoshu 宝树, dessen eigentlicher Name Li Jun 李俊 lautet, wurde 1980 in der Stadt Guangyuan (Provinz Sichuan) geboren. Er studierte Philosophie an der Universität Peking und an der Katholischen Universität Löwen in Belgien, lebte in den USA und Europa und ist heute als freier Schriftsteller in Xi’an (VR China) tätig. Der internationale Durchbruch als Schriftsteller gelang ihm mit dem Roman Botschafter der Sterne (2011), einer Fortsetzung von Liu Cixins Trisolaris-Trilogie. Seitdem hat er mehrere vielfach preisgekrönte Romane und Dutzende von Erzählungen veröffentlicht und gehört zu den bekanntesten chinesischen Science-Fiction-Autoren seiner Generation.
Sun Cehaji 孙策哈吉 (Dolmetscher) absolvierte seinen Master of Translation and Interpreting im Sprachpaar Deutsch-Chinesisch an der Beijing Foreign Studies University. Seit 2021 promoviert er an der Beijing Foreign Studies University im Fach Übersetzungswissenschaft und ist Gastwissenschaftler an der Universität Bonn.
Die Veranstaltung war eine Kooperation des Konfuzius-Instituts Heidelberg e. V. mit dem Konfuzius-Institut Bonn e.V., der Abteilung für Sinologie der Universität Bonn sowie dem Transfercenter enaCom.